Leitsätze des Gerichts:
1. Es kommt für die richterliche Kontrolle des in einer Gebührensatzung festgelegten Gebührensatzes nach der Thüringer Rechtslage nur darauf an, dass der Gebührensatz im Ergebnis nicht gegen das in § 12 Abs. 2 Satz 3 ThürKAG normierte Kostenüberschreitungsverbot verstößt (sog. Ergebnisrechtsprechung).
2. Eine Satzung ist nur dann wegen Verstoßes gegen das Kostenüberschreitungsverbot nichtig, wenn ein oder mehrere Kalkulationsfehler die Toleranzgrenze von 5 % überschreiten. Maßstab für die Kostenüberschreitung ist der prozentuale Anteil der fehlerhaft angesetzten Kosten an den zulässigerweise ansatzfähigen Gesamtkosten.
3. Im Gegensatz zur gesetzlichen Regelung für die Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen (§ 12 Abs. 3 Satz 2 ThürKAG) besteht bei der Berechnung der Abschreibung nach Anschaffungs- und Herstellungskosten keine gesetzliche Verpflichtung, aber sehr wohl die Berechtigung des Einrichtungsträgers, Zuwendungen gebührenmindernd einzusetzen (Umkehrschluss aus § 12 Abs. 3 Satz 3 ThürKAG).
4. Nach welcher Methode – Komplettabzug oder jährliche Auflösung – die Berücksichtigung von (gebührenmindernd einzusetzenden) Fördermitteln erfolgt, steht im Ermessen des Einrichtungsträgers.
5. Bei der Berechnung der kalkulatorischen Zinsen hat der Einrichtungsträger verschiedene Berechnungsmethoden zur Auswahl. Bei der Berechnung der durchschnittlichen Zinsen anhand der Zinsreihe der Deutschen Bundesbank für die Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen der öffentlichen Hand dürfen in Thüringen nur die Zinssätze ab 01.07.1990 zugrunde gelegt werden. Ein Zuschlag von 0,5 Prozentpunkten ist angesichts des aktuellen Zinsniveaus nicht gerechtfertigt.
6. Der Schlüssel für die Aufteilung der durch Gemeinschaftseinrichtungen wie z. B. einen Mischwasserkanal verursachten Kosten auf die Kostenträger Schmutzwasser (SW) und Niederschlagswasser (NW) hat sich nicht ausschließlich an Vorhaltemengen, sondern an dem (landesrechtlichen) Grundsatz der Kostenverursachung zu orientieren. Insoweit kann nach schmutzfracht- und mengenabhängigen Kosten differenziert werden.
7. Kosten für die Beseitigung von in die Kanalisation eindringendem Fremdwasser sind betriebsbedingt, sofern eine ordnungsgemäße Betriebsführung des Einrichtungsträgers zu bejahen ist.
8. Innerhalb des folgenden Bemessungszeitraums auszugleichende Kostenüberdeckungen müssen bereits im nächsten Bemessungszeitraum zugute gebracht werden und dürfen nicht auf spätere Abrechnungszeiträume verschoben werden, obwohl im letzten Jahr der Vorauskalkulation die Ist-Zahlen für dieses letzte Jahr noch nicht vorliegen können. Die Kostenüber- oder -unterdeckung ist anhand einer Betriebsabrechnung zu ermitteln, die auf Grundlage, der im Zeitpunkt ihrer Erstellung im letzten Kalkulationsjahr bis dahin vorliegenden Ist-Zahlen und der für die restlichen Monate des Vorauskalkulationszeitraumes zu schätzenden Soll-Zahlen zu erstellen ist.
9. Das Gericht hat bei Überprüfung einer Vorauskalkulation für einen bestimmten Kalkulationszeitraum nicht von Amts wegen zu überprüfen, ob eine Kostenüberdeckung aus der Vorperiode in der Betriebsabrechnung anhand der Ist-Zahlen bzw. der Soll- Zahlen für die letzten Monate des letzten Kalkulationsjahres des vorherigen Kalkulationszeitraumes zutreffend ermittelt worden ist.
– OVG Thüringen, Urteil vom 18.07.2024 – 4 KO 698/17 –
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.2940-5653.2025.04.09 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 2940-5653 |
Ausgabe / Jahr: | 4 / 2025 |
Veröffentlicht: | 2025-04-09 |
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